Wörth.
Über 40 Personen nahmen am Dienstag im Gasthof Butz am Vortrags- abend
der Kolpingsfamilie mit anschlie- ßender Diskussion teil.
Diözesanpräses Stefan Wissel widmete sich dabei dem Thema
"Islam: Chance und Heraus- forderung".
Der Referent machte dabei auf Gemeinsamkeiten aufmerksam
und sah eine Basis zur Gestaltung der Zukunft.
Es gelte neue Wege zu gehen und lang- fristige Strategien zu entwickeln.
Dabei sei es wichtig, Frieden in den Krisengebieten zu schaffen.
Vorsitzender Franz Sagmeister sprach einführende Worte. Islamisten würden vielen Bürger Angst bereiten. Im Verhältnis zu dieser Religionsgemeinschaft gebe es viele Miss- verständnisse. Der Diözesanpräses solle nun Licht ins Dunkel bringen. Der Vortragende wies darauf hin, dass seine Ausführungen einen Anstoß liefern sollen und auf seinem momentanen Wissenstand beruh- ten. Niemand könne über eine Religion richten. Er habe in der Vergangenheit viele Kontakte zu lmamen im In- und Ausland aufgenommen. Ein Moslem verstehe nicht, warum man sich im Westen nicht mehr für den Glauben einsetze. Christen und Muslime seien sich lange Zeit positiv gegenübergestanden und hätten sich zum Beispiel im Bereich der Kultur und Wissenschaft gegenseitig ergänzt. Funda- mentalistische Handlungsweisen habe es auch in Europa gegeben, etwa im Mittelalter beim brutalen Vorgehen gegen der Katharer und Waldenser in Frankreich. Die ersten marodie- renden Milizen in Afrika seien Christen gewesen, damals ging es um den Kampf um Rohstoffe. Der Vortagende vermittelte zahlreiche geschichtliche Kenntnisse, so seien bei den Machtkämpfen um die Nachfolge Mohammeds verschiedene Glaubensrichtungen, etwa die Sunniten (große Mehrheit) und Schiiten entstanden, welche sich bis heute bekämpfen. Die Auseinandersetzungen seien mit Bezug auf den Koran durch nichts zu rechtfertigen. Diese Heilige Schrift des Islam sei für Nichtfachleute sehr schwer zu interpretieren. Viele Konfessionen in Syrien Es gebe schon lange einen Euro-Islam. Die Saudis hätten auf dem Balkan 400 neue Moscheen gebaut. In Syrien habe es vor dem Bürgerkrieg 62 verschiedene Konfessionen gegeben. Islamistische Staaten seien von jeher Polizei-Staaten mit entsprechender Strenge gewesen. Man müsse sehr vorsichtig sein, wenn man sich in eine andere Kultur einmischen wolle, dies sorge auch für Destabilisierung. Religion sei immer vom kulturellen Umfeld abhängig. Wenn die Bundesregierung erlaube, Israel Waffen zu liefern, und den Arabern nicht, dann würde sich bei diesen die Auffassung bilden, die Demokratie schwäche dadurch den jeweiligen arabischen Staat. Das Verlangen nach Freiheit sei ein sehr wichtiges Kennzeichen des Christentums. |
Der Priester schloss seinen Vortrag
mit der Aufforderung, es gelte, miteinander zu glauben
und miteinander zu sprechen, das sei unsere Chance.
Bei der anschließenden Diskussion rückte die Flüchtlingsfrage mit in den Vordergrund. Zunächst verwies aber der evangelische Ruhestandpfarrer Johannes Braun darauf, dass er mit dem Imam in Penzberg ein gutes Verhältnis gehabt hätte. Dieser sei sehr liberal gewesen und trotzdem vom Verfassungsschutz beobachtet worden. Während Renovierungsmaßnahmen habe ein Kindergarten sogar die Moschee nutzen dürfen. Herbert Schötz dankt Sagmeister dass er das Thema "Islam" als Vortragsthema aufgegriffen habe. Man müsse die Bevölkerung auf Kontakte mit den Muslimen vorbereiten. In den vergangenen Monaten sei die Entwicklung mit der Masse der Zuwanderer zu schnell gegangen. An den Referenten gewandt fragte Schötz, was es in Zukunft bewirke, wenn die Flüchtlinge bei uns Freiheiten kennen lernen würden und später in ihre Heimat zurückkehrten. Der Diözesanpräses betonte, er habe viele Moslems kennen gelernt, bei den Jüngeren gäbe es säkulare Tendenzen. Die meisten hätten Angst zurückzukehren und wollten bei uns bleiben. Durch die Kontakte mit dem Westen entständen bei den Flüchtlingen Veränderungen. Sie müssten sich zum Beispiel fragen, warum helfen uns vor allem Christen. Die Gläubigkeit islamischer Führer habe mehr mit Macht zu tun, als mit Religion. Sagmeister fragte, ob es Konzepte gebe, islamische Terroristen in den Griff zu bekommen. Der Referent antwortete, der sogenannte lslamische Staat sei keine homogene Masse, sondern bestehe aus 1200 Milizen. Manche Anführer empfänden es so, dass sie Haus und Hof verteidigen müssten. Man könne den IS höchstens finanziell aushungern. Ein militärischer Sieg sei nur - durch Bodentruppen erreichbar, wozu keiner ein Interesse habe. Viele der beteiligten Interessensgruppen wollten nur Geschäfte machen. Langfristige Strategie nötig Pfarrer Johann Baier fragte den Diözesanpräses ob er den Eindruck habe, dass die Integration gelingen könne. Dieser antwortete, um entsprechende Strukturen zu schaffen, etwa beim Sprachunterricht, dauere es fünf Jahre. Das oft ungleiche Verhältnis von Mann und Frau in den Flüchtlingsfamilien werde sich nur sehr langsam bessern. Dr. Rudolf Apfelbeck vermisse die politische Dimension innerhalb des Referats. Der Vortragende antwortete, dass er diese bewusst ausgeklammert habe. Bei den Konflikten spiele die soziale Ungleichheit eine große Rolle. Es gebe schwerwiegende Folgen des Kolonialismus. Der Westen habe diese Systeme abgezockt und wirtschaftlich stark benachteiligt. Nun komme es zu Rebellionen. Beim Umgang mit Flüchtlingen, empfahl er allen Seelsorgern: "Wir müssen raus zu den Leuten und neue Wege finden." Es gelte unsere kulturellen Werte zu leben, zum Beispiel, was die Freiheit anbetrifft. -sol-
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